Weshalb sind Mensch und Hund weltweit überlebensfähige Spezies? Warum haben sich gerade diese beiden Arten so erfolgreich verbunden?
Beide Arten sind enorm anpassungsfähig, was Klima, Nahrung und Sozialpartner betrifft; seit mehr als 10 000 Jahren leben sie in Kooperation – oder sagen wir es weniger vornehm – funktionalisiert der Mensch den Hund: vom Jagdhund, Herdenschutz-Hund und Wachhund, um nur einige Einsatzbereiche zu nennen, bis zum Kind- und Partner-Ersatz, eine der wesentlichen Aufgaben des Hundes in den westlichen Industrieländern heute.
Hunde haben Hochkonjunktur
Auch locken sie uns aus der bequemen Wohnung zurück in ihre und unsere ursprüngliche Heimat: Wiesen und Wälder, die auch die natürliche Umgebung des frühen Menschen darstellen. Eine Facette der Faszination Hund liegt darin, dass er uns rückbindet an unsere stammesgeschichtliche Erinnerung. Der moderne Mensch verliert sich oft in Denkspiralen und erlebt deshalb Verständigung mit Hunden als befreiend, da diese analog geschieht, also auf der Basis von Mimik und Gestik, langwierige kognitive Akte sind in der Mensch-Hund-Kommunikation nicht gefragt.
Noch mehr als der Hund steht sein Urahn, der Wolf, für die Sehnsucht nach der unzerstörten Wildnis. In den Betonwüsten der Moderne ahnen wir den Duft der tiefen Wälder der Vergangenheit. Wie gerne möchten wir dort Deckung suchen, um den Ansprüchen und Herausforderungen des Monetarismus und des Ego-Wahns wenigstens manchmal zu entfliehen!
Unsere Hunde helfen uns dabei wieder mit unserem artgerechten Umfeld Kontakt auf zu nehmen. Hunde sind nämlich Wölfe, sie besitzen die gleiche Chromosomenanzahl und können gemeinsame Nachkommen haben. Allerdings sind sie domestiziert und durch Selektion im Erscheinungsbild und Charakter verändert.
Als die Menschen sesshaft wurden und Wildtiere als lebendige Vorratskammern hielten, wurde der Wolf zum Feind, zum Nahrungskonkurrenten. Während der Hund den Menschen bei der Jagd begleitete, nahm sich der Wolf von dem, was der Mensch für sich beanspruchte. Die Folge: Er wurde kriminalisiert und bejagt. Lange galt er im deutschen Sprachraum als Symbol für das Böse.
Dennoch gehören Wolf (Canis lupus) und Hund (canis lupus forma familiaris) nicht nur zoologisch zusammen
Sie repräsentieren zwei widersprüchliche Seiten der menschlichen Psyche, die eine zahme Seite (Hund) wird geschätzt und geliebt, das Wilde, Unbewusste und Dunkle (Wolf) wird abgelehnt. Eine bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen inneren und äußeren Wolf stärkt die Selbstintegration unter psychologischem Blickpunkt.
Dem Wolf werden wir nicht gerecht durch Romantisierung, noch Kriminalisierung
Als hochsoziale Lebewesen strukturieren sich Wölfe in einer klaren sozialen Ordnung. Hunde dagegen sind deren modifizierte und oft auch verzogene Vertreter in der Stadt. Hunde spiegeln ihre Menschen, sowohl in deren Verhalten als auch Erscheinungsbild und im Freiraum den Hundehalter ihren Tieren zusprechen.
Wölfe bleiben die freien Schwestern und Brüder der Hunde. Als solche sind sie uns Orientierungshilfe bei der Beurteilung hundlichen Verhaltens.